1,5-Grad-Ziel (auch 1,5-Grad-Grenze) nennt man das Ziel, den menschengemachte globalen Temperaturanstieg durch den Treibhauseffekt auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, gerechnet vom Beginn der Industrialisierung um 1850 bis zum Jahr 2100; fast alle Staaten der Erde haben auf der 21. UN-Klimakonferenz 2015 (COP 21) mit dem Übereinkommen von Paris einen Vertrag unterzeichnet, nach dem sie Anstrengungen zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels unternehmen wollen. (Quelle: Wikipedia)
Statement von Menschen des Gegenangriffs21 (bzw die Baggerbesetzung):
Die Baggerblockade am Donnerstag war eine klassische Aktionen zivilen Ungehorsams. Wir haben uns friedlich, aber bestimmt an einen der Orte praktizierter Klimazerstörung begeben und diesen mit unseren Körpern blockiert. Wir werden auch in Zukunft weiterhin Aktionen zivilen Ungehorsams und Aktionen der Sabotage durchführen.
Dabei möchten wir eine Sache klarstellen: auch wenn wir auf vielen Fotos oder Videos von der Blockade gute Laune haben, machen wir diese Aktionen nicht aus Spaß oder weil es besonders cool ist, auf einen Braunkohlebagger zu klettern. Wir würden viel lieber draußen mit unseren Freund*innen abhängen, mal in den Urlaub fahren oder ganz normal Geburtstag feiern – nicht mit zwei Händen in einem Lock-On. 7 Tage Einzelhaft sind kein Spaß. Jede Stunde, jede Minute in Gewahrsam, die so eine Aktion eigentlich immer mit sich bringt und fast immer mit Schikanen der Polizei verbunden ist, sind kein Spaß. Die Gerichtsprozesse, die oft Folgen, sind auch kein Spaß.
Wir machen das alles, weil ihr uns keine Wahl lasst. Ihr? Damit meinen wir alle, die aktiv an der Klimakatastrophe beteiligt sind. Alle, die Profit aus der Verbrennung fossiler Energieträgern schlagen, und dabei billigend in Kauf nehmen, anderen die Lebensgrundlagen zu zerstören. Alle, die sich weigern, sich der unbequemen Wahrheit einer drohenden Klimakatastrophe zu stellen und sich stattdessen an ein weiter-so klammern - in der Hoffnung, es würde schon alles gut werden. Es wird nicht alles gut. Bereits heute ist die Klimakrise Lebensrealität von Millionen von Menschen, deren Heimat nicht mehr bewohnbar ist. Bereits heute sterben Menschen vor Hunger, weil ein Dürrejahr auf das andere folgt. Schon heute ist nicht mehr alles gut.
Ihr lasst uns keine Wahl. Trotz hunderter Klima-Demonstrationen, Protestaktionen oder Petitionen passiert einfach viel zu wenig. Es ist nicht nur die Klimaschutzbewegung, die hier ignoriert wird. Es sind auch die Ergebnisse tausender unabhängiger Wissenschaftler*innen, die jedes Jahr auf die dramatischen Auswirkungen des Klimawandels hinweisen. Wir müssen das nochmal betonen: obwohl sich ALLE Parteien zu der 1,5°C Grenze bekennen, hat KEINE EINZIGE Partei ein Klimaschutzprogramm aufgestellt, das diese Grenze auch nur annähernd einhält. Die Politiker*innen ALLER Parteien stellen sich damit über die wissenschaftlichen Erkenntnisse, über die physikalischen Grundgesetze unseres Planeten und behaupten dennoch, sie hätten die Klimakrise so im Griff.
Die aktuelle Politik macht uns sprachlos. Was bleibt uns, als zumindest symbolisch umzusetzen, was uns hunderte Politiker*innen schuldig bleiben? Denn eins ist auch klar: wären wir tatenlos geblieben, hätten CDU, SPD und FDP bis heute nicht mal über den Kohleausstieg nachgedacht.
Jetzt gibt es ihn, den sogenannten Kohlekompromiss – aber zu welchem Preis? 2,6 Milliarden Euro Steuergelder an RWE, damit sie aufhören unsere Lebensgrundlagen zu zerstören? Für einen Kohleausstieg, der weder mit einem 1,5°C, noch einem 2°C Ziel vereinbar ist? Und es geht ja nicht nur um RWE. Laut Expert*innen von FÖS (Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft) fließen jedes Jahr mind. 46 Milliarden Euro versteckte Subventionen in fossile Energien. Die Klimafolgeschäden, die durch diese mit
verursacht werden, beziffert das Umweltbundesamt jetzt schon auf 164 Milliarden Euro pro Jahr - allein in Deutschland. Nicht mal ökonomisch ergibt das alles noch Sinn.
Während wir hier noch diskutieren, steuern wir geradewegs auf eine 2,7°C durchschnittliche Erderwärmung zu. Für alle, die noch nicht verstanden haben, was das heißt: als die Erde eine Durchschnittstemperatur von -4°C hatte, lag ganz Deutschland hunderte Meter tief unter einer Eisschicht begraben. Es gibt also einen guten Grund, dass sich die Staatengemeinschaft auf die 1,5°C Grenze verständigt hat!
Noch ein paar Worte zur Justiz: Viele mögen es für gerechtfertigt halten, dass wir nach so einer Blockade zumindest für kurze Zeit ins Gefängnis müssen. Schließlich sind wir widerrechtlich in den Tagebau eingedrungen, Hausfriedensbruch und so. Wir sollten uns doch an die rechtsstaatlichen und demokratischen Mittel halten – das hören wir oft. Aber wir sehen leider, dass die ganzen Demonstrationen einfach keine Veränderung herbeigeführt haben. Demonstrationen können einfach wegignoriert werden, ein Lock-On an einem Schaufelradbagger löst sich nicht so schnell wieder auf. Und mal ganz ehrlich: was ist Hausfriedensbruch im Vergleich zu der profitorientierten Klimaverschmutzung von RWE? Wie legitim wird ein Hausfriedensbruch, wenn er dazu dient, die eigenen Lebensgrundlagen zu retten? (Nein, wir übertreiben hier leider nicht, die Kacke ist echt am dampfen).
Als zweites möchten wir kurz den Herbst 2018 in Erinnerung rufen. Auf der gleichen Art und Weise und mit ähnlichem Vorwurf „das ist Illegal, was ihr hier macht“, sind vor 3 Jahren hunderte Aktivisti aus dem Hambacher Forst geräumt und in die Gewahrsamnahmestelle nach Aachen gebracht worden. Einige von uns waren dabei und haben teils traumatisierte Umweltschützer*innen wieder aus der Polizeistation in Empfang genommen.
Viele der Polizist*innen zeigten damals sogar Verständnis für die Hintergründe unseres Protests, verteidigten die eigene Partizipation im Einsatz aber mit dem Vertrauen an die Rechtsstaatlichkeit und unsere Verfassung. 3 Jahre später wurde vom Gericht bestätigt: der Einsatz war rechtswidrig. Nicht, dass nicht damals schon alle wussten, dass die Brandschutzidee an den Haaren herbeigezogen war - worum es aber geht, ist folgendes: Unser Rechtssystem hat die illegale Räumung des Hambacher Forstes nicht aufhalten können. Keine Justiz hat rechtzeitig geprüft, ob die Räumungsgrundlage mit unserem Gesetz vereinbar ist. Keine Eil-Klage hat verhindern können, das CDU, FDP, und die Polizei NRW nicht vorher haben Tatsachen schaffen können. Und noch schlimmer: kein Politiker und keine Politikerin haben sich dafür bisher verantworten müssen. Keine Frau Scharrenbach, kein Herr Reul, kein Herr Laschet. Keine*r dieser Politiker*innen hat damals auch nur einen Pups auf die Rechtsstaatlichkeit gegeben. RWE hat Druck gemacht, die Umweltschützer*innen im Hambacher Wald haben gestört und sollten weg. Koste es, was es wolle – wortwörtlich.
Heute, im Konflikt um die von RWE bedrohten Dörfer, hat sich daran nicht viel geändert. Wenn die Politik die 1,5°C Grenze wirklich ernst nehmen würde, müsste Lützerath stehen bleiben! Das hat jüngst ein neues Gutachten vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung bestätigt. Energiewirtschaftlich notwendig ist die Ausweitung des Tagebaus in diese Richtung nicht. Es gibt also kein Gemeinwohl, für welches die Bewohner*innen der bedrohten Dörfer umgesiedelt werden müssten. Es geht um Geld für RWE, welches offensichtlich eine höhere Rangordnung erhält als die Grundrechte in unserer Verfassung. Es ist und bleibt die größte Lobbyschau unseres Landes. Und vielleicht kommt in 3 Jahren wieder ein Gerichtsurteil, dass das bestätigt. Nur ist es dann vermutlich zu spät und interessieren tut es auch niemanden mehr. Für uns ist das nur ein Beispiel von vielen, das beweist, wie wenig unser Rechtsstaat oder unsere Gesetze helfen, diesen Planeten und unsere Zukunft zu schützen. Macht und Geld zählt mehr als ein Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit.
Dass Politik und Polizei mit Verschärfungen des Polizeigesetzes versuchen unseren legitimen Protest mundtot zu machen, zeigt nur den Verlust ihrer eigenen legitimen Macht.
Wir können aus eigener Erfahrung sagen: kein unverhältnismäßiger Polizeieinsatz, keine ungerechtfertigte Stunde in Gewahrsam und kein Exempel-statuierendes Gerichtsurteil schüchtert uns ein. Ganz im Gegenteil: Es radikalisiert.
Dass Klimaschützer*innen wegen Hausfriedensbruch für 7 Tage in Einzelhaft sollen, dass 13 unserer Freund:innen auf acht Polizeistationen verteilt werden, dass unsere Mahnwachen vor den Präsidien verboten werden… Das alles radikalisiert.
Wir werden weitermachen und wiederkommen. Wir wollen kein Leben auf Kosten anderer. Wir wollen eine Zukunft. Dafür nehmen wir auch eure Repressionen in Kauf. Klimaschützen ist kein Verbrechen.
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